Aus dem Arabischen übersetzt von Jana Duman.
Ich verkörpere nicht das Idealbild einer Mutter und habe dahingehend auch keine Ambitionen. Idealbilder sind ohnehin relativ: Die Vorstellungen, die es an einem Ort von der „idealen Mutter“ gibt, werden andernorts abgelehnt. Ich will keiner Gebrauchsanweisung folgen oder mich an Standards, die die Gesellschaft wie eine Messlatte anlegt, festklammern. Meine Messlatte ist nämlich nicht gerade – sie hat keine feste Größe, ist zerbrochen und hat viele Verästelungen und Löcher. Die Gesellschaft hat meine Messlatte zuerst geformt und dann immer wieder zerlegt und neu zusammengesetzt, bis sie zu einer Mixtur meines Bewusstseins und Wissens, meiner Erfahrungen, Komplexe und Kritik wurde.
Seit mein Kind geboren wurde, stellen sich mir täglich aufs Neue unendlich viele Fragen. Ich suche nach Antworten, die ich nicht immer finde.
Mein Kind ist ein Junge. Ein schöner, unschuldiger Junge. Er erhält sein Wissen über die Welt in erster Linie von mir und seinem Vater, da wir in Berlin und damit weit entfernt von unser beider Familien und Verwandten wohnen. Obwohl diese räumliche Entfernung durchaus Schwierigkeiten und Nachteile mit sich bringt, können wir dadurch hoffentlich Widersprüche zwischen unseren Erziehungsmethoden und denen unserer Familien vermeiden. Doch Widersprüche begegnen uns in jeder Gesellschaft und insbesondere dann, wenn wir nicht gewillt sind, uns den Normen der Gesellschaft zu unterwerfen.
Als ich unseren Sohn einmal aus der Kita abholen wollte, kam er mir in einem Kleid entgegengelaufen. Zu der Zeit war er völlig verrückt danach, ausgefallene Klamotten zu tragen. Ich lachte und sagte ihm, wie gut mir sein Outfit gefalle. Am nächsten Tag empfing er so gekleidet auch seinen Vater, der ähnlich wie ich reagierte. Wir hatten schon viel über Erziehung gesprochen und hatten uns auf eine solche Situation vorbereitet. Klar war uns aber auch, dass noch viele Prüfungen in Erziehungsfragen auf uns zukommen würden, auf die wir noch keine Antwort wissen und die wir vielleicht nicht so erfolgreich meistern.
Unser dreijähriger Sohn Mena hörte jedoch auch noch etwas anderes – und das blieb bei ihm hängen: „Kleider sind für Mädchen.“ Das hatte ihm der Vater eines anderen Kindes aus der Kita gesagt. Wir versicherten ihm, dass das nicht stimme und er tragen könne, worauf er Lust hatte. Wir suchten außerdem das Gespräch mit den Erzieher*innen der Kita. Sie gaben uns recht, dass diese Bemerkung inakzeptabel gewesen sei und sie mit dem Vater sprechen würden. Am nächsten Tag hing ein Zettel mit der Überschrift „Auch Jungen können Kleider tragen“ am Infoboard für alle Eltern.
Aber als wir genau darüber nachdachten, beschlich uns das Gefühl, unserem Mena gegenüber unaufrichtig gewesen zu sein. In unseren Gesellschaften wird das Kleid in den allermeisten Fällen tatsächlich als rein feminines Kleidungsstück angesehen. So trage ich zum Beispiel Kleider, aber Menas Vater tut das nicht; auf der Straße sieht er Mädchen, nicht aber Jungen in Kleidern. Wenn Mena älter ist, wird er erkennen, dass wir ihn angelogen haben. Oder vielleicht wird er erkennen, dass die Dinge nicht nur schwarz oder weiß sind, und das ist doch die wichtigere Lektion.
Ich habe auch gelogen, als ich behauptete, ich würde mich gegen das Geschlechterklischee „Pink für Mädchen, Blau für Jungen“ zur Wehr setzen. Eigentlich hasse ich die Farbe Pink und habe sie keinen Tag meines bewussten Lebens getragen. Weil ich sie hasse, hat auch mein Sohn keine Kleidung in dieser Farbe. Ich habe ihn schon in Blau, Grün, Gelb und Rot gekleidet - aber eben nicht in Pink. Doch wenn ich recht darüber nachdenke, geht es hier auch gar nicht um Farben. Es geht eher darum, was Jungen erlaubt und was Mädchen verboten ist. Vielleicht habe ich also nicht gelogen. Wenn Mena etwas größer ist und ein Bewusstsein für gesellschaftliche Verhaltensregeln entwickelt hat, wird es unsere schwierige Aufgabe sein, ihn gegen existierende Vorstellungen, was Jungen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts dürfen oder nicht dürfen, zu rüsten. Dies beginnt bei Spielzeugen und Kleidung und umfasst auch persönliche Entscheidungen über Freunde, abendliches und nächtliches Ausgehen, Reisen, Unabhängigkeit, Talente und Beruf, das Verhältnis zum Körper, Liebesbeziehungen, Sex und Vergnügen und so vieles mehr.
Seitdem Mena über das Konzept von Mädchen und Jungen informiert ist, weiß er, dass er ein Junge ist, genauso wie sein Vater, und dass ich ein Mädchen bin. Wo liegt der Unterschied? Der Junge hat einen Penis und das Mädchen eine Vagina; so erklären wir es ihm einfach und direkt bis heute. Aber wenn Mena etwas älter ist, wird dies nicht mehr der entscheidende Unterschied sein. Es ist lediglich das Simpelste, was ich einem Dreijährigen sagen kann. Wenn er etwas älter ist, müssen wir ihm noch detaillierter vermitteln und ihm helfen zu verstehen, dass die Geschlechtsteile nicht zwangsweise mit der Geschlechtsidentität eines Menschen übereinstimmen. Im Moment fehlen mir noch einige Antworten zu seinen möglichen Rückfragen und ich fühle mich dafür noch nicht bereit.
Der Ausruf ʿayb drückt eine Rüge aus. Und zwar eine Rüge für ein Verhalten, das als beschämend oder unangemessen wahrgenommen wird. ʿAyb verweist auf so viele Regeln, von denen die meisten ausschließlich für Mädchen gelten.
Es geschieht oft, dass ich ihm Dinge sehr vereinfacht erzähle, weil ich nicht weiß, wie ich sie sonst einem Kind seines Alters erklären soll. Dann sage ich mir: Wenn er ein bisschen älter bist, wirst du besser vorbereitet sein. Ich erinnere mich, dass ich im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit einmal eine Sexualerziehungsexpertin getroffen habe. Einer ihrer wichtigsten Ratschläge lautete, dass das Kind, wenn es Fragen stellt, einfache, altersgerechte Antworten braucht. Dieser Ratschlag war so simpel und logisch, dass er mich beruhigt hat.
Zuhause wird Mena das Wort ʿayb niemals zu hören bekommen. Der Ausruf ʿayb drückt eine Rüge aus. Und zwar eine Rüge für ein Verhalten, das als beschämend oder unangemessen wahrgenommen wird. ʿAyb verweist auf so viele Regeln, von denen die meisten ausschließlich für Mädchen gelten. Und auch wenn mein Sohn das männliche Privileg besitzt, hieße das Aufwachsen mit diesem Wort, dass er diese Privilegien als Mann verinnerlicht – Privilegien, gegen die wir Frauen stetig ankämpfen. Er wird deshalb ohne das Wort ʿayb aufwachsen.
Mena ist zuhause nicht mit den traditionellen Geschlechterrollen konfrontiert. So ist es zwar meine Hauptaufgabe zu kochen, aber mein Partner übernimmt das Putzen, und wir teilen uns alle anderen Aufgaben. Diese Aufteilung hat sich im Laufe der Zeit einfach herauskristallisiert, ohne dass wir täglich darüber gesprochen haben: Ich liebe es zu kochen, und er hasst es; er ist ordnungswütig, und ich bin eine Chaotin, wenn ich mir selbst überlassen bleibe.
Ich ändere beim Vorlesen und Vorsingen auch häufig die Texte von Geschichten und Liedern, wenn sie Rollenklischees oder patriarchalische Vorstellungen bedienen. Wenn unser Sohn älter ist, wird er mich dafür nicht mehr brauchen und vielleicht feststellen, dass die Utopie, die ich ihm gezeichnet habe, mit der Realität wenig gemeinsam hat. Vielleicht wird er auf Erfahrungen und Wirklichkeiten stoßen, die in ihm Gefühle der Entfremdung wachrufen. Es ist die Entfremdung, dir wir als Erwachsene gegenüber unserem Umfeld fühlen, je kritischer wir werden. Aber vielleicht ist das auch alles nur die übertriebene elterliche Angst vor all den kleinen und großen Fragen der Erziehung. Ich weiß nur eines: dass ich mit ihm über all dies sprechen werde.
Mein Sohn wird kein „Si Al Sayed“1 wie die meisten Männer in unseren Gesellschaften.
Die Entscheidung, unseren Sohn jenseits stereotyper Rollenbilder zu erziehen, ist ein Prozess, der uns auch abverlangt, unsere eigenen Verhaltensweisen kontinuierlich zu hinterfragen. Vor einiger Zeit zogen wir beispielsweise in ein neues Haus und kauften daher ein paar neue Möbel, die wir zuhause selbst zusammenbauen wollten. Das sah ich nicht als meinen Job – nicht nur, weil mir das Wissen dazu fehlte, sondern auch, weil ich im Glauben erzogen worden war, dass solche Arbeiten nicht meine Aufgabe seien. Ohne groß darüber nachzudenken, überließ ich diese Arbeit also meinem Partner. Nachdem er das erste Stück zusammengebaut hatte, sagte er zu mir: „Jetzt bist du dran. Mena soll ja nicht denken, es sei nur meine Aufgabe“. Herrjeh! Dieses kleine Detail war mir entgangen! Ich baute also den Badezimmerschrank zusammen, was mir mithilfe meines Sohns gut gelang. Tatsächlich beziehen wir ihn in alle Hausarbeiten wie Aufräumen, Putzen, Zusammenbauen und Kochen mit ein, auch wenn es bei ihm Anflüge von Faulheit gibt. Mein Sohn wird kein „Si Al Sayed“* wie die meisten Männer in unseren Gesellschaften.
Nur mit Hilfe des antipatriarchalischen Vaters kann ich meinen Sohn antipatriarchalisch erziehen. Aber die Dynamik unserer Beziehungen ist komplex, unsichtbar und teils problematisch. Wer entscheidet was? Wer ist für was verantwortlich? Wer ist einfühlsam und wer bleibt hart? Wer ist aufbrausend und wer agiert ruhig? Wer bleibt bei Tränen rigoros und wer wird „weich“? Wer behält die Nerven, zum Beispiel wenn unser Sohn hinfällt, und wer nicht? Wer kann bestimmte Dinge gut und wer nicht? Wer bezahlt im Restaurant und wer hält sich raus? Um nur einige Beispiele der Entscheidungsfindung zu nennen. In unserer Beziehung versuchen wir, uns von starren überkommenen Konventionen zu lösen, werden aber im Laufe der gemeinsamen Erziehungserfahrung immer wieder davon überrascht, wie tief die anerzogenen Verhaltens- und Denkmuster sitzen. Dies führt zu zahlreichen Diskussionen.
Ich erinnere mich, wie ich als Jugendliche meinen Vater um Erlaubnis bat, auf eine Veranstaltung gehen zu können. Seine Antwort lautete: „Frag deine Mutter.“ Wenn ich dann zu ihr ging, erwiderte sie: „Frag deinen Vater.“ Für gewöhnlich ermüdete mich dieses Hin und Her und ich gab auf. Meine Eltern hatten Mühe damit, wichtige Entscheidungen zu treffen, weil sie selbst nichts anderes kannten als eine Welt voller Tabus. Sie fürchteten diese Tabus und scheuten deshalb die Verantwortung, mir zu erlauben, auf eine Schulparty zu gehen, bei einer Freundin zu übernachten, mich Ausflügen außerhalb der Schule anzuschließen und vieles mehr. Aber auch wenn ich am Ende die Erlaubnis erhielt, so lernte ich doch, dass es Fragen gab, die heikel waren, und daher besser nicht angesprochen werden sollten. Auf diese Weise machten mir meine Eltern durch ihre Beziehungsdynamik Grenzen bewusst, ohne diese überhaupt anzusprechen. Als ich älter und selbstbewusster wurde, veränderten sich die Grenzen des mir Erlaubten und ich erhielt viel Freiheit und Raum. Doch auch dies geschah im Stillen und ohne offenes Gespräch.
Wenn Grenzen wirklich notwendig sind, dann möchte ich bei meinem Sohn Grenzen jener Art, wie ich sie erfahren habe, vermeiden. Könnte ich in der Zeit zurückreisen und in die Fußstapfen meiner Mutter oder meines Vaters treten, dann würde ich den Anfragen meiner Tochter so begegnen:
„Komm, lass uns über das, was du möchtest, reden“; oder „Hier sind meine Gedanken dazu“; oder „Ehrlich gesagt kann ich eine solche Entscheidung nicht allein treffen, also lass uns das mit deiner Mutter/deinem Vater gemeinsam besprechen“; und dann „Das ist unsere Meinung und nun möchten wir deine Meinung hören, damit wir diskutieren können“. So hätte ich mir den Ablauf gewünscht. Mir ist jedoch bewusst, dass dies eine Utopie bleibt, solange wir in Gesellschaften leben, die von vornherein unterdrückt und in ihrer freien Meinungsäußerung eingeschränkt sind. So etwas geht nicht in Gesellschaften, die ihrem eigenen Schicksal hilflos gegenüberstehen, und die ihre Hilflosigkeit zum Vorwand machen, um Individuen zu kontrollieren und in ihren Freiheiten einzuschränken. Wie können wir von Eltern verlangen, ihren Söhnen und Töchtern zu gewähren, sich frei zu entwickeln und zu äußern, wenn sie dieser Freiheit selbst beraubt wurden? Wir haben es jedoch in der Hand, unseren Kindern nicht das Gleiche anzutun, was wir erlebt haben, und unsere Hilflosigkeit nicht zum Vorwand für einschränkende Maßnahmen zu machen!
Als ich mein Baby bekam, begriff ich, dass die Erfahrungen, die wir mit unseren Eltern und deren Erziehungsmethoden machten, die Hauptquelle unseres eigenen Denkens über Erziehung sind. Wenn ich daran zurückdenke, wie ich aufgewachsen bin, möchte ich niemandem Vorwürfe machen und ich liebe meine Eltern deswegen nicht weniger. Aber ich bin natürlich kritisch. In der Zwischenzeit habe ich viel dazugelernt, neue Erfahrungen gemacht und Menschen getroffen, die weniger Glück hatten als ich, und die mit mir über ihren Lebenskampf gesprochen haben.
Ich habe beschlossen, kein Gespräch mit meinem Sohn zu scheuen, egal um welches Thema es sich handelt. Stattdessen werde ich ihn ermutigen, mir jede Frage zu stellen, die ihm durch den Kopf geht, so wie er es heute tut, wenn er mich nach einer bestimmten Dinosaurierart fragt oder wieso der Dieb Papas Fahrrad geklaut hat. Er wird mit mir über alle Dinosaurier sprechen dürfen.
Auch das Gespräch über den Dinosaurier namens "Gefühle" wird erlaubt sein. Und hier lautet die erste Herausforderung: Was mache ich mit den Tränen? Wie gehe ich damit um? Einerseits bin ich der Meinung, dass Weinen keine Schande ist und alle Gefühle legitim sind. Wobei auch ich manchmal schon beinahe in die Falle „ein Junge weint nicht“ getappt bin. Andererseits bin ich auch eine Mutter, die nicht will, dass ihr Sohn schwach und zerbrechlich ist und bei jeder Kleinigkeit weint. Deshalb suche ich im Moment nach einem Weg, Menas legitime Gefühle anzuerkennen, ihn aber auch zu ermutigen, möglichst über Dinge, die ihn bedrücken, zu sprechen, anstatt zu weinen. Wenn er zum Beispiel hinfällt und sich wehtut, dann verursacht das Schmerzen. Er weint, und das ist in Ordnung; ich werde ihn liebevoll umarmen und weinen lassen. Wenn ihm aber ein anderer Junge ein Spielzeug wegnimmt, dann helfen ihm Tränen allein nicht weiter. Er muss sagen, was ihm nicht gefällt, und sein Spielzeug zurückfordern. Ich werde ihm beibringen, dass es in keiner Situation eine Schwäche ist, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Ich werde mein Bestes tun, ihm ein Umfeld zu bieten, das ihn darin bestärkt und seinen Gefühlen Respekt und Raum verschafft.
Ich bin mir natürlich bewusst, dass es da draußen eine Welt gibt, die viel von unseren guten Erziehungsabsichten kaputtmachen kann, und damit meine ich nicht nur die arabische Welt. Ich will, dass Mena ins Leben hinausgeht und dabei lernt, genau wie ich es getan habe - in dem Wissen, dass ich auch mal hinfallen und viele Fehler machen werde. Und ich weiß, dass Mena als älterer Junge vielleicht rebellieren wird, weil ihm unsere Erziehungsmethoden nicht gefallen. Das ist ein Kampf, der mir bevorsteht und für den ich jetzt noch nicht gerüstet bin.
Angesichts all dieser Herausforderungen wünsche ich mir für den erwachsenen Mena,
- dass er allgemein akzeptierte Grundsätze und Stereotype nicht einfach hinnimmt und die Normen der Gesellschaft, in der er lebt, kritisch hinterfragt.
- dass er sich nicht schämt, über seine Gefühle zu sprechen oder zu weinen.
- dass er seine Sexualität und Geschlechtsidentität unbefangen entdeckt; und dass er stolz auf seine Entscheidungen und sich selbst ist.
- dass er gleichberechtigte intime Beziehungen eingeht, egal ob mit Männern oder Frauen, und dass er niemanden unterdrückt oder unterdrückt wird.
- dass er Verantwortung für sich übernimmt und seine Aufgaben erfüllt, auch wenn sie als "weiblich" gelten. Das wichtigste ist, dass er darin etwas ganz Selbstverständliches sieht.
- dass er unnachgiebig und selbstbewusst dazu steht, wer er ist, und nicht den Versuchungen von gesellschaftlich formulierten Maßstäben der Männlichkeit erliegt.
- dass er anderen gegenüber weder autoritär noch abschätzig noch als Unterdrücker auftritt, insbesondere wenn sie weniger Glück im Leben hatten als er.dass er in jeder Sache seinem Gerechtigkeitssinn folgt und jede Form der Ungerechtigkeit, egal ob sie nah oder fern von ihm stattfindet, ablehnt.
Nach der Ermordung der jungen Palästinenserin Israa Ghrayeb durch Mitglieder ihrer Familie2 habe ich an Mena einen Brief verfasst. Der Vorfall hat viele Menschen in Palästina und außerhalb erschüttert. Auch mich. Deshalb habe ich einen Brief an Mena geschrieben, den er lesen kann, wenn er älter ist, damit wir uns über diese Art von Verbrechen im Gespräch austauschen können. Gleichzeitig soll ihn der Brief daran erinnern, dass die Gesellschaft ihm eine Last auferlegt und dass es zu seiner Rolle gehört, diese Ungerechtigkeit zu bekämpfen.
„Mein lieber Sohn,
du bist noch klein, aber demnächst, wenn du etwas älter bist, wirst du entdecken, dass es in dieser Welt Monster gibt.
Und du wirst herausfinden, dass diese Monster selbst unterdrückt werden, dass sie verfolgt und im Belagerungszustand leben, aber gleichzeitig diejenigen unterdrücken, die schwächer sind als sie. Morgen wirst du diese Sachen selbst verstehen.
Denk nicht, dass du, nur weil du als Junge geschaffen wurdest, ein Monster sein darfst. Denk nicht, dass dir der Penis Privilegien und Macht über Mädchen verschafft.
Morgen, wenn du erwachsen bist, werden sie versuchen dir einzureden, dass Jungen besser sind als Mädchen, und dass sie das Recht haben, Mädchen und Frauen zu besitzen und Kontrolle über sie auszuüben.
Morgen, wenn du älter bist, werden sie versuchen, dein Bewusstsein mit merkwürdigen Wörtern wie „Schande“, „Ehre“ und „Verbot“ zu beeinflussen… Wenn du diese Wörter hörst, sei sehr vorsichtig. Diskutiere, frage und kontere.
Morgen, wenn du eine Schwester hast, werden sie dir einreden, dass du besser als sie bist, und dass das, was dir erlaubt ist, ihr verboten ist. Und wenn du dich entscheidest, dein Leben mit einer Frau zu teilen, werden sie dir einreden, dass du der Herr des Hauses bist, und dass sie und ihr Körper dein Eigentum sind. Und wenn du dich für Kinder entscheidest und ihr ein Mädchen bekommt, werden sie dir einreden, dass ihre Jungfräulichkeit deine lebenslange Aufgabe zu sein hat, und dass es, egal wie sehr du sie liebst, verboten ist, ihr und ihren Entscheidungen Vertrauen zu schenken, und dass die Worte der Monster draußen wichtiger sind als ihr Leben.
Oh, mein Sohn, vielleicht sind wir unfähig, Nationen und Gesellschaften zu befreien, aber ich verspreche dir, dass wir, deine Eltern, alles in unserer Macht Stehende tun werden, um dich von dem Monster, das sie versuchen in dir heranzuziehen, zu befreien.“
Mir ist bewusst, dass Erziehung eine große und bedeutsame Aufgabe ist. Sie wiegt noch zehnmal schwerer angesichts einer ungerechten Welt, die nicht nur unsere Mädchen und Jungen, sondern auch uns Erwachsene schikaniert, besonders dann, wenn wir aufgeschlossen durchs Leben gehen und unsere eigene Wahrheit anstelle der uns vorgeschriebenen leben wollen. Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass unsere Entscheidung, unseren Sohn als gewissermaßen emanzipiert von den angelegten Fesseln und männlichen Privilegien zu erziehen, eine mühsame Aufgabe ist. Es ist ein Kampf, der uns dazu verpflichtet, allen Formen der Tyrannei, die wir in unseren eigenen Beziehungen antreffen, Widerstand zu leisten. Dieser Kampf fordert von uns Kreativität im Umgang mit unserem Sohn, damit wir ihn vor seinem gesellschaftlichen Umfeld schützen können. Doch zuallererst müssen wir unsere eigene Freiheit einfordern, um sie ihm sichern zu können.
- 1der Begriff "Si Al Sayed" wird in der ägyptischen Umgangssprache verwendet, um einen bestimmten Männertypus zu beschreiben. "Si" bedeutet "Herr" und "Sayed" lässt sich auch als "Herr" übersetzen, ist aber auch ein Familienname. "Si Al Sayed" ist eine ägyptische Figur in Naguib Mahfouz' Romanen, die geschaffen wurde, um einen stereotypen Patriarchen darzustellen. (Anm. der Redaktion)
- 2Israa Ghrayeb wurde 2019 in Betlehem Opfer eines sogenannten "Ehrenmordes". (Anm. der Redaktion)
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المقال يطرح قضية كبيرة بل قضايا عديدة مرتبطة بالنظام الأبوي الذي يريد أن يُسيّج كل شيء بقوانين تخدم استمراريته وبقاءه. أتفق مع الكاتبة في رؤيتها وكما ورد في الخلاصة وعي الشريكين وإيمانهما بالحرية وسلوكهما وفقها هو الأساس في تربية جيل جديد مستقل وحر، الأسرة هي المكان الأول الذي يجب التركيز عليه لبناء شخصية سوية، لابد من مقاومة الفكر الذكوري باستمرار وخاصة في مراحل عمرية متقدمة لأن المؤسسات التي سيتواجد فيها الطفل(عربيا بشكل خاص) معظم مناهجها تقليدية تكرس التمييز بين الجنسين وأشياء كثيرة لا تحترم خصوصية كل فرد.
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